02.07.2012

Sturm trifft Region schwer

Hunderte Helfer im Einsatz – Wanderer gerettet – Blitzeinschläge und Stromausfälle Verletzte Wanderer, geknickte Strommasten, umgestürzte Bäume, Brände, Stromausfall, gesperrte Straßen sind die Folgen des schweren Unwetters. Hunderte Feuerwehrleute waren im Einsatz. PETRA LAIBLE, CARSTEN MUTH, PATRICK FAUSS Region. Gerade noch war es sonnig, heiß und drückend schwül. Dann zog am Samstagabend rasend schnell das schwere Unwetter von Westen her in die Region mit orkanartigen Sturmböen und Starkregen. Gegen 20.45 Uhr liefen die ersten Notrufe über 112 bei der Integrierten Leitstelle in Ulm ein, 150 waren es allein innerhalb einer Stunde, dazu gingen pausenlos Anrufe auf dem Festnetz ein. Hunderte Helfer von Feuerwehr und Polizei waren in den Landkreisen Alb-Donau und Neu-Ulm bis in die frühen Morgenstunden im Einsatz, um Menschen aus einer misslichen Lage zu befreien, umgestürzte Bäume und Äste zu entfernen, abgedeckte Dächer zu sichern und Brände zu bekämpfen. Rund 150 Mal rückten die Feuerwehren des Alb-Donau-Kreises aus. Ein Einsatzschwerpunkt war Langenau. Von dort wurden am Samstagabend 26 Notrufe abgesetzt, berichtet Kreisbrandmeister Harald Bloching. Vier Wanderer wurden in einem Waldgebiet Richtung Weißingen (Stadt Leipheim) von dem Unwetter überrascht. Ein herabstürzender Ast verletzte einen der Wanderer schwer am Kopf, der Mann erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma. Er musste von der Feuerwehr aus dem unwegsamen Gelände gerettet werden. Eine weitere Wanderin wurde leicht verletzt. Die orkanartigen Sturmböen fällten ganze Baum-Alleen: Die Landesstraße 1232 zwischen Langenau und Riedheim bleibt deshalb in den nächsten Tagen komplett gesperrt, teilt die Polizeidirektion Ulm mit. Auch die Kreisstraße 7306 zwischen Rammingen und Rammingen-Bahnhof bleibt wegen umgestürzter Bäume vorerst gesperrt. In Bernstadt fiel während des Gewitters der Strom aus. Die Autobahnpolizei Heidenheim war auf der Autobahn A 7 an der Anschlussstelle Langenau im Einsatz, um zahlreiche Verkehrsschilder wieder aufzustellen, die der Sturm umgeweht hatte. Daneben war das Technisches Hilfswerk (THW) Heidenheim vor Ort, um mehrere auf der Fahrbahn und den Betriebsumfahrten liegende Bäume zu entfernen. Da die Autobahnstation Günzburg telefonisch nicht mehr erreichbar war, gingen auch zahlreiche Anrufe über Schäden an der A 8 bei der Autobahn- und Verkehrspolizei Heidenheim ein. Abgebrochene Äste, entwurzelte Bäume – stark betroffen von dem Unwetter war auch der Bereich Erbach, er zählt zu den Einsatzschwerpunkten der Feuerwehr. Am Badesee fiel ein Baum auf ein Ferienhaus, die Polizei beziffert den Schaden mit rund 10 000 Euro. Wegen Sturmschäden an den Bäumen hat die Polizei die Landesstraße 2040 zwischen Erbach und Donaustetten voll gesperrt. Erst in den nächsten Tagen soll sie wieder für den Verkehr frei gegeben werden. Die Bahnlinie Munderkingen-Obermarchtal war wegen eines umgestürzten Baumes drei Stunden lang gesperrt, Blaubeuren: In einer Waldschänke in Sotzenhausen-Weiler (bei Blaubeuren) wurden 50 Gäste eingeschlossen. Umgestürzte Bäume versperrten den Zugang. Ohne Hilfe wären sie nicht raus gekommen, sagt der Kreisbrandmeister. Die Feuerwehr Blaubeuren musste den Zu- und Abfahrtsweg freischneiden. Ebenfalls in Sotzenhausen war ein Baum in eine Stromleitung gestürzt und verursachte einen Stromausfall. Auf der alten Verbindungsstraße zwischen Beiningen und Pappelau fiel ein Telefonmast um, den die Feuerwehr zur Seite räumen musste. Schwer getroffen hat das Unwetter das gesamte Illertal von Dietenheim bis Illerkirchberg, 37 Notrufe kamen von dort. Die Straße zwischen Dietenheim und Illertissen musste die Nacht durch gesperrt bleiben. Besonders heikel sei ein Einsatz in Dietenheim gewesen, berichtet Kreisbrandmeister Bloching. Dort war in einem Waldgebiet eine Hochspannungsleitung gerissen. Die Strom führende Leitung knallte auf den Boden und entzündete eine Fläche von rund 50 Quadratmetern. Die Feuerwehr konnte zunächst nicht eingreifen: „Elektrizität in Verbindung mit Wasser kann lebensgefährlich sein“, sagt Bloching. „Die Einsatzsituation war nicht ganz einfach.“ Für den Energieversorger EnBW sei es schwierig gewesen, den Strom abzuschalten. Erst als dieses gelang, konnten die Feuerwehrleute eingreifen und den Brand unter Kontrolle bekommen. Zwischen Regglisweiler und Weihungszell waren mehrere Strommasten abgeknickt. Bereits am frühen Samstag musste die Feuerwehr wegen zweier Blitzeinschläge in Bernstadt und Lonsee ausrücken. Gegen zwei Uhr schlug der Blitz in den Dachstuhl eines Wohnhauses in Bernstadt ein. Der Dachstuhl begann zu brennen, die Bewohner konnten den Brand jedoch vor dem Eintreffen der Feuerwehren aus Bernstadt und Langenau selbstständig löschen. Verletzt wurde niemand, der Sachschaden ist gering. Gegen 3.30 Uhr schlug ein weiterer Blitz in die Dachantenne eines Wohngebäudes in Lonsee-Ettlenschieß ein. Mehrere bis in den Keller führende Kabel verschmorten. Eine Kabeldose im Keller wurde aus der Wand geschleudert. Weil auch die Dachisolierung verschmorte, entstand starker Rauch. Dieser löste den Brandmelder aus, der die vierköpfige schlafende Familie rechtzeitig auf die Gefahr aufmerksam machte. Sie kam mit dem Schrecken davon. Schwere Gewitter, Orkanböen, Starkregen und Hagel haben auch im Kreis Neu-Ulm für chaotische Zustände gesorgt. Dort waren Polizei, Feuerwehr, Rettungskräfte und Technisches Hilfswerk ebenfalls bis spät in die Nacht hinein im Einsatz. Heftig wütete das Unwetter etwa im Rothtal. Im Weißenhorner Stadtteil Attenhofen schlug der Blitz in ein Zweifamilienhaus ein. Das obere Stockwerk brannte aus, dann brachte die Feuerwehr den Brand unter Kontrolle. Zwei Bewohner wurden leicht verletzt. Ersten Schätzungen zufolge entstand ein Schaden in Höhe von 50 000 Euro. In Senden, Weißenhorn, Pfaffenhofen und Roggenburg stürzten etliche Bäume um, Straßen waren blockiert, Dächer wurde abgedeckt. Mehrere Menschen wurden durch herumfliegende Äste oder herabfliegende Ziegel verletzt, dutzende Autos beschädigt. Es waren nahezu alle Feuerwehren des Landkreises im Einsatz. In Nersingen musste aus Sicherheitsgründen das Areal rund um die Kirche abgesperrt werden. Dachplatten hatten sich gelöst, waren zu Boden gestürzt. In Elchingen waren die Einsatzkräfte bis zum frühen Sonntagmorgen mit Aufräumarbeiten beschäftigt. „Da einige Äste noch in den Bäumen verfangen waren, mussten diese mit einem Hubsteiger und der Kettensäge entfernt werden“, berichtete Philipp Ott von Feuerwehr Oberelchingen. Vom Unwetter überrascht wurden am Samstag mehrere hundert Teilnehmer eines Freigottesdienstes an der Kapelle Maria Hilf auf dem Wannenberg in der Nähe des Roggenburger Ortsteils Meßhofen. Als Regen und Sturm einsetzten, verlegte der Roggenburger Pater Johannes Baptist Schmid die Messe ins Innere der Kapelle. Viele Teilnehmer flüchteten zu ihren Autos. Eine Esche krachte zwischen zwei parkende Autos, blockierte die Zufahrtsstraße. Die Fahrzeuge wurden leicht beschädigt. Die Feuerwehr aus Meßhofen rückte mit Motorsägen an, um die Straße wieder freizubekommen. Damit nicht genug: Zwischen den Pfaffenhofener Ortsteilen Diepertshofen und Erbishofen stürzte ein Baum auf eine Stromleitung. Unter der Last knickte ein Strommast um und fiel auf die Straße – in der Folge fiel in einigen Orten in der Umgebung der Strom aus, in Holzheim, Neuhausen und Kadeltshofen zum Beispiel. Im Weißenhorner Stadtteil Oberhausen gab es erst am Sonntag gegen fünf Uhr wieder Strom. In Holzheim, Neuhausen und Attenhofen funktionierten die Sirenen nicht mehr. Kurzzeitige Stromausfälle gab es im südlichen Landkreis, etwa in Illertissen. In Stadtteil Jedesheim war ein Blitz ein Trafogebäude eingeschlagen. Die Feuerwehr musste den Brand löschen.
Mit freundlicher Genehmigung der
Südwest-Presse
Feuerwehren
zurück