06.03.2013

Oberreichenbach: Jetzt hat eine Frau das Kommando

Sabine Pröbstle, 43, leitet künftig die Feuerwehr im Weißenhorner Ortsteil Oberreichenbach. Sie ist im Kreis Neu-Ulm die erste weibliche Löschkraft in dieser Position Von Jens Carsten Eine Frau hat künftig bei der Feuerwehr in Oberreichenbach die feuerfesten Hosen an: Sabine Pröbstle wurde vor Kurzem zur Kommandantin der Löschkräfte in dem kleinen Weißenhorner Ortsteil gewählt. Einstimmig sprachen ihr die 21 Kameraden das Vertrauen aus und übertrugen der 43-Jährigen damit eimerweise Verantwortung: „Ein bisschen mulmig ist mir schon zumute“, sagt Pröbstle. Trotzdem freue sie sich über die Berufung und auf die Arbeit mit der Löschtruppe. Die Oberreichenbacherin ist die erste Feuerwehrkommandantin im Landkreis Neu-Ulm – was ihr etwas peinlich ist: „Ich stehe nicht so gerne im Rampenlicht.“ Mit Scheinwerfern und Leuchtstrahlern hat sie aber kein Problem: Zahlreiche Einsätze hat Pröbstle in Reihen der Werksfeuerwehr ihres Arbeitgebers, der Neu-Ulmer Firma Reinz, bisher absolviert. Mal verliert ein Lastwagen Öl, mal eine Maschine Hydraulikflüssigkeit, einmal brannte die Kantine. „Wir müssen oft ausrücken, aber meistens waren es kleinere Sachen“, sagt die 43-Jährige bescheiden. Mit den Oberreichenbachern musste sie noch nicht zum Einsatz. „Toi, toi, toi.“ Wenn auf dem Werksgelände in Neu-Ulm die Sirenen heulen, ist auch Sabine Pröbstles Mann Johann in seinem Element. Er befehligt die Wehr des Unternehmens. „Unser gemeinsames Leben besteht zu 90 Prozent aus Feuerwehrgeschäft“, sagt der 52-Jährige und lacht. Die Eheleute lernten sich in einem Löschkurs kennen: Zwischen dem Kommandanten und der Teilnehmerin funkte es. Das war im Jahr 2005. Die Leidenschaft für den Feuerwehrdienst lodert bis heute in Sabine Pröbstle. In Oberreichenbach unterstehen ihr jetzt 21 Kameraden und ein Löschanhänger. Den Personalwechsel eingefädelt hat Stadtratsmitglied Franz Dirr: Der vorige Kommandant war „aus privaten Gründen“ zurückgetreten, ein Nachfolger nicht in Sicht. „Da sind sie auf uns zugekommen“, sagt Johann Pröbstle. Er dachte sofort an seine Frau: „Sie hat’s drauf.“ Ein Beweis: Im Alter von knapp 40 Jahren habe sie die Prüfung zur Atemschutzgeräteträgerin absolviert. Von wegen, schwaches Geschlecht. „Das ist ein Vorurteil“, sagt Johann Pröbstle. Seine Frau hat solche Ressentiments noch nie zu hören bekommen. Obwohl sie erst als spät berufene zur Feuerwehr fand. Ob die Männer auch mitziehen? „Ich bin guter Dinge“, sagt Pröbstle und lacht. In der Truppe herrsche eine „tolle Kollegialität“. Zu Einsätzen wird die neue Kommandantin von zu Hause aus starten: Sie wohnt direkt im Feuerwehrhaus. Mehr Frauen in die Wehren – dieses Motto gibt Kreisbrandrat Dr. Bernhard Schmidt vor. Derzeit sind von 2900 Feuerwehrleuten im Kreis Neu-Ulm acht Prozent Frauen. „Nicht schlecht“. Aber in der Bevölkerung liege der Frauenanteil weit höher. Laut Schmidt herrschten in der Region vielerorts noch „traditionelle Strukturen“. Die Männer gingen zur Arbeit, Frauen blieben zu Hause. „Wir brauchen ein Umdenken.“ Schmidt weiß von den Vorbehalten manch altgedienter Löschkräfte gegenüber von Frauen. „Es gibt auch bei den Männern schwache, oder übergewichtige, die nicht fit genug sind.“ Der Kreisverband will weiter für Frauen in der Wehr werben. Auch der Anteil von Löschkräften mit Migrationshintergrund soll steigen. Karoline Nägele musste ihr Können unter Beweis stellen Auch wenn es erst jetzt eine Kommandantin gibt – starke Frauen stehen in den Feuerwehren im Kreis Neu-Ulm schon seit Längerem in der ersten Reihe. Da ist etwa Karoline Nägele, 32, aus Pfuhl. Die heutige Kreisjugendwartin trat der Feuerwehr mit 14 Jahren bei. Skeptische Blicke von Männern kennt sie. „Als Frau musst du immer doppelt so viel leisten.“ In Dutzenden Einsätzen hat Nägele ihr Können unter Beweis gestellt, zuletzt beim Brand im Neu-Ulmer Donaucenter im Februar. In voller Atemschutzmontur rannte sie in den achten Stock hinauf: „Das war kein Problem.“ Auch für Margit Goldemund, 50, aus Straß ist der Feuerwehrdienst nicht mehr wegzudenken. Wenn der Piepser Alarm schlägt, pfeift inzwischen schon der Nymphensittich mit. Goldemund ist Frauenbeauftragte des Neu-Ulmer Kreisverbands und schätzt den Zusammenhalt in der Truppe. „Nach dem Einsatz setzen wir uns zusammen und reden über das Erlebte.“ Und dabei seien Frauen meistens einfühlsamer.
Mit freundlicher Genehmigung der
Neu-Ulmer Zeitung
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