14.03.2007

Neu-Ulm: Untersuchung zum Brand im Atlantis

Brand im "Atlantis": Wer war schuld? Polizei zweifelt Darstellung von Mitarbeiterin an Von Illertisser Zeitung Redakteur Roland Ströbele Neu-Ulm Die Ursache für den Brand im Neu-Ulmer Erlebnisbad gibt der Polizei weiter Rätsel auf, obwohl eine Mitarbeiterin des "Atlantis" eine Erklärung geliefert hat. Sie sagte, sie habe im Keller eine Dose mit Chlorgranulat geöffnet, die daraufhin "explodiert" sei. Ferner habe sie eine Stichflamme gesehen. Die Brandexperten des Landeskriminalamtes hingegen schließen es aus, dass Chlorgranulat sich unter solchen Umständen entzünden kann. Das Erlebnisbad muss wegen der schweren Schäden noch mindestens bis Samstag geschlossen bleiben. Der Brand vom Montagabend, bei dem etwa 400 Besucher des Spaßbades evakuiert werden mussten, warf gestern eine ganze Reihe von Fragen auf. Unter anderem die, weshalb sich der Rauch über die Lüftungsanlage in alle Bereiche der Erlebnislandschaft und Verwaltung ausbreiten konnte. Bad-Betreiber Stichler versicherte, es seien nur wenige Sekunden gewesen, bis die automatische Brandmeldeanlage sämtliche Klappen der Lüftungsanlage geschlossen habe. Warum es im Keller des Gebäudes keine Brandwände gibt, die den Rauch hätten aufhalten können, ist eine weitere Frage. Diese werden von der Bauaufsicht im Neu-Ulmer Rathaus zu beantworten sein. Es gehört zu deren Routinearbeit, in solchen Brandfällen ebenfalls nach den Ursachen zu suchen, sagte Neu-Ulms Feuerwehrchef Andreas Thoß gestern. Am Einsatz beteiligte Retter wollten es sich gestern nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn sich der Rauch noch länger ausgebreitet hätte. Zu Spitzenzeiten befinden sich 2500 Menschen gleichzeitig im "Atlantis". Bad-Betreiber Wolfgang Stichler hielt sich gestern mit Schätzungen über die Höhe des Schadens zurück. Im Laufe des heutigen Mittwochs erwartet er einen Sachverständigen seiner Versicherung. Es geht allerdings nicht nur um den reinen Brandschaden, sondern auch um die entgangenen Einnahmen durch die Schließung des Spaßbades. Im Schnitt besuchen mehr als 1000 Gäste das Bad oder die übrigen Einrichtungen im "Atlantis". Eine seiner Mitarbeiterinnen hat ihm berichtet, sie habe gegen 18.30 Uhr im Keller den Schraubverschluss einer Dose mit Chlorgranulat geöffnet, einen Schlag gespürt und eine Stichflamme gesehen. Durch die "Explosion" seien brennende Teile des Granulates wie Geschosse umher geflogen und hätten die Ummantelung von Elektrokabeln und anderes in Brand gesteckt. Sowohl der Hersteller des Granulates als auch die Experten des Landeskriminalamtes (LKA) schlossen dies jedoch in ersten Reaktionen aus. Die Brandfahnder nahmen Proben des Chlors mit. Im Labor soll nun geklärt werden, unter welchen Bedingungen sich der Stoff entzünden kann. Die Spezialisten haben gestern allerdings auch keine anderen Ursachen für den Brand gefunden. Ein technischer Defekt in der elektrischen Anlage wird ausgeschlossen. Hinweise auf Brandstiftung seien auch nicht entdeckt worden, sagte gestern Ulrich Feistle von der Neu-Ulmer Kripo. Die am Einsatz beteiligten Feuerwehrmänner hatten einen äußerst schwierigen Job. Fast zweieinhalb Stunden lang suchten sie im rund 2000 Quadratmeter großen Keller des Erlebnisbades nach dem Brandherd. Zehn Trupps á zwei Mann waren in dieser Zeit permanent mit Schutzanzügen und Atemschutzgeräten im untersten Geschoss. Schwierig war die Mission gleich aus mehrerlei Gründen. Es herrschte eine mörderische Hitze von rund 700 Grad und die Sichtweite betrug weniger als zehn Zentimeter. Die Wärmebildkamera nüttze den Suchtrupps herzlich wenig, weil es zuviele Hitzequellen gab und nicht mehr unterschieden werden konnte, wo ein Brandherd ist und wo die Wärme andere Ursachen hatte. Deswegen waren die Einsatzkräfte nahezu blind und mussten sich im Keller vorwärts tasten. In einem Regallager unterhalb eines Teiles der Klimaanlage wurden sie schließlich fündig und den Brand auf einer etwa neun Quadratmeter großen Fläche war gegen 22.15 Uhr gelöscht. Der Einsatz war für die beteiligten Kräfte eine große Herausforderung. Andreas Thoß sprach gestern von einer "Materialschlacht". Die Suchtrupps im Keller mussten alle 20 Minuten ausgewechselt werden. Nicht nur, weil der Sauerstoffvorrat in den Pressluftflaschen zur Neige ging, sondern weil die Männer wegen der enormen Hitze in ihren schweren Anzügen schnell erschöpft waren.
Mit freundlicher Genehmigung der
Illertisser Zeitung
Feuerwehren
Neu-Ulm LZ1
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