12.02.2007

"Wasser marsch" bis zum 63. Lebensjahr ?

Illertissen/Neu-Ulm (kr). Geht es nach der bayerischen Staatsregierung, so dürfen Feuerwehrleute im Freistaat bald länger löschen. Statt wie bisher mit 60 den aktiven Dienst quittieren zu müssen, könnten sie bis zum 63. Lebensjahr Brände bekämpfen. Die Fachwelt im Landkreis ist gespalten. Während sich die Einen einen Ü-60-Wehrmann durchaus als Helfer hinter der "Front" vorstellen können, sind Andere strikt dagegen. Beide Seiten haben gute Argumente. Noch ist die Novellierung des bayerischen Feuerwehrgesetzes nicht in trockenen Tüchern, aber dem Landtag liegt ein Kabinettsbeschluss vor, der unter anderem vorsieht, die Altersgrenze für aktive Feuerwehrleute von 60 auf 63 Jahre heraufzusetzen. Wilhelm Schmid aus Illertissen, Pressesprecher des Kreisfeuerwehrverbands, sieht aber beide Seiten der Medaille. Zum einen sei klar, dass die körperlichen Belastungen bei einem Löscheinsatz, wenn etwa mit Atemschutz gearbeitet werden muss, enorm hoch ist. Ob das Ältere leisten können, sei zumindest fraglich. Auf der anderen Seite sagt Schmid, dass es bei Einsätzen Aufgaben gebe, wo es weniger auf beste körperliche Fitness sondern auf Erfahrung ankomme: "Die Älteren müssen ja nicht unbedingt an die vorderste Front. Sie können beim Aufbau oder bei der Versorgung eingesetzt werden oder bei der Absperrung des Einsatzortes. Die Hilfsdienste im Hintergrund sind sehr wichtig" Der Pressesprecher verweist darauf, dass höhere Feuerwehrführe! r wie etwa Kreisbrandräte schon jetzt bis zum 63. Geburtstag aktiv sein dürfen: "Und die haben als Einsatzleiter eine höhere Verantwortung als der normale Feuerwehrmann." Neu-Ulms Feuerwehrchef Andreas Thoß ist erklärter Gegner einer Erhöhung des Alterslimits: "Das ist ganz, ganz schlecht. Ich bin absolut dagegen." Als Grund nennt er neben der körperlichen Belastung die psychische. Er zitiert wissenschaftliche Studien, wonach bereits mit 50 Jahren die Reaktionszeit und die Fähigkeit, Informationen rasch richtig zu verarbeiten "rapide nachlässt". Aus diesem Grund plädiert er zudem dafür, dass auch Wehrmänner in gehobenen Positionen mit 60 Schluss machen sollten. Thoß: "Ein Kreisbrandrat steht zwar nicht an vorderster Front. Er hat aber als Einsatzleiter die Verantwortung und muss blitzschnell Entscheidungen treffen." Weltweit gebe es kaum Feuerwehren, deren Mitglieder älter als 60 sind. Illertissens Kommandant Alfons Birnbrigl will sich zu dem Thema nicht äußern, weil ihm das als demnächst Betroffener falsch ausgelegt werden könnte. Birnbrigl ist 58. Zehnminütige Hilfsfrist als Pflicht Ein weiterer Punkt der geplanten Novellierung des Feuerwehrgesetzes: Die zehnminütige "Hilfsfrist" soll Pflicht werden. Bislang gibt es eine Sollbestimmung, die besagt, dass die Feuerwehr zehn Minuten nach der Alarmierung am Einsatzort sein soll. Pressesprecher Wilhelm Schmid sieht eine gesetzliche Pflicht "sehr kritisch". Der Illertisser: "Es gibt etliche Unwägbarkeiten. Der Anrufer hat vielleicht in der Hektik eine unklare Meldung abgegeben. Wurde der Notruf richtig aufgenommen?" Außerdem gibt er zu bedenken, dass bei Einsätzen die Helfer zuerst zum Gerätehaus fahren müssen und dann erst zum Einsatzort. Auch bei der Fahrt zum Brand könne es Schwierigkeiten geben - etwa eine geschlossene Bahnschranke. Schmid befürchtet, dass bei Nichteinhalten einer gesetzlichen Hilfsfrist Regressansprüche auf Feuerwehren und Kommunen zukommen könnten. Andreas Thoß meint, dass eine gesetzlich verankerte zehnminütige Hilfsfrist "längst überfällig" sei. "Das ergibt sich schon aus der Tatsache, dass ein Organismus nicht länger Rauch aushalten kann." Allerdings sollte seiner Ansicht nach der Gesetzgeber die Vorschrift genau definieren. "Es macht einen Unterschied, wenn eine frei stehende Mülltonne brennt oder wenn ein mehrstöckiges Haus, in dem Menschen sind, brennt." Im ersten Fall genüge es, wenn sechs Mann ausrücken, die sich zudem Zeit lassen können. Thoß: "Wenn ein Wohnhaus brennt, müssen wir in zehn Minuten mit 16 Mann vor Ort sein." Alfons Birnbrigl aus Illertissen hält von der geplanten Zehn-Minuten-Vorschrift nicht sehr viel. Jede Feuerwehr versuche, so schnell wie möglich auszurücken. Das sei doch Ehrensache. Da nütze eine Vorschrift wenig.
Mit freundlicher Genehmigung der
Illertisser Zeitung
Feuerwehren
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