11.01.2007

10 Jahre Notfallseelsorge im Landkreis Neu-Ulm

"Erste Hilfe für die Seele leisten" Notfallseelsorge im Kreis Neu-Ulm besteht heuer zehn Jahre Neu-Ulm/Roggenburg (ml). Wenn sein Handy klingelt, weiß Prämonstratenserpater Adrian Kugler, dass etwas Schreckliches passiert ist. Denn er ist direkt mit der Rettungsleitstelle verbunden. Der 37-jährige Geistliche ist Notfallseelsorger. "Erste Hilfe für die Seele leisten", umschreibt er die Tätigkeit, die viel Einfühlungsvermögen verlangt. In diesem Jahr kann die Einrichtung im Landkreis Neu-Ulm auf ihr zehnjähriges Bestehen zurückblicken. Auf Initiative des damaligen Kreisbrandrates Walter Bestle wurde die ökumenische Notfallseelsorge 1997 ins Leben gerufen. Er wandte sich an den früheren Neu-Ulmer Stadtpfarrer und Dekan Dr. Bertram Meier, der im Prämonstratenserkloster Roggenburg auf offene Ohren stieß. Pater Adrian Kugler erklärte sich bereit, die Leitung zu übernehmen. Nach und nach kamen immer mehr Mitglieder zusammen. Heute zählt die Notfallseelsorge elf Personen: mit Pater Adrian Keller einen weiterer Prämonstratenser, Pater Ulrich Keller, der auch Diözesannotfallseelsorger ist, Pfarrer Hermann Neuss, Gemeindereferentin Gabriele Mair, Helge Bach - von ihm bräuchte ich noch den Beruf - (alle Senden), der evangelische Pfarrer Andreas Erstling und Edith Schulz (beide Weißenhorn), die Arzthelferin Brigitte Held (Buch-Obenhausen), Stadtpfarrer und Dekan Markus Mattes, Ehe- und Familienseelsorger Ulrich Hoffmann und Gemeindereferent Andreas Thalhofer (alle Neu-Ulm). Pater Adrian hat sich mit dem Thema "Trauer" in seiner Diplomarbeit auseinander gesetzt. Prägend für ihn war ein Gesprächspraktikum am Krankenbett mit Menschen, die dem Tod geweiht waren. Dass er zusätzlich zu seinen Aufgaben als Pfarrer von Biberach und Schießen den Posten als Notfallseelsorger übernahm, ist für den Geistlichen eine Verpflichtung gewesen. An den Tag seines ersten Einsatzes erinnert er sich noch genau. Es war am 15. August 1997 bei einem Unfall mit drei Toten. "Doch meist sind es häusliche Einsätze, zu denen wir gerufen werden", sagt Pater Adrian. Das heißt: erfolglose Reanimation, plötzlicher Kindstod, Selbstmord und die Überbringung von Todesnachrichten in Begleitung der Polizei. Für diese Menschen bricht von einer Sekunde auf die andere eine Welt zusammen. "Das Schwierigste ist die Ohnmacht gegenüber den Ereignissen, die man gemeinsam mit den Angehörigen aushalten muss," stellt der 37-Jährige fest. Denn auf das "Warum" gebe es keine Antwort. Wichtig sei, dass der Notfallseelsorger mit den Betroffenen ins Gespräch komme, die sich den Schmerz dann von der Seele reden könnten. Das sorge in den meisten Fällen für Erleichterung. Pater Adrian möchte den Personen in den schweren Stunden Beistand leisten, sie begleiten. Damit für ihn der Alltag wieder einkehren kann, bittet er den Ortspfarrer, sich danach um die Hinterbliebenen zu kümmern. Natürlich spielt für den Notfallseelsorger der Glaube eine Rolle. Er spendet Trost und vermittelt Kraft. Aber ob jemand kirchlichen Beistand benötigt, ergebe sich aus der jeweiligen Situation. Das Trauma eines Unfalls oder einer anderen schlimmen Situation überwinden - das gilt auch für die Helfer: Feuerwehr, Polizei und schließlich auch für die Notfallseelsorger selbst. Den starken Mann zu spielen, sei hier fehl am Platze. Allgemein wird versucht, in einer gemeinsamen Nachbesprechung über das Geschehen hinweg zu kommen. "Ganz vergessen kann man die Bilder aber nicht", gibt Pater Adrian zu. Die Notfallseelsorge betrachtet er als absolut sinnvolle Tätigkeit. Er spürt die Dankbarkeit deutlich, die ihm von den betroffenen Menschen entgegengebracht wird. Seit Dezember hat das Team um Pater Adrian eine große Entlastung erfahren. Denn der Nachtdienst wird vom neu gegründeten Kriseninterventionsdienst (KID) in Neu-Ulm übernommen. Bis dahin waren die Mitarbeiter der ökumenischen Notfallseelsorge abwechslungsweise rund um die Uhr abrufbar, Und das nahezu zehn Jahre lang. Das Gründungsjubiläum wird im Herbst gefeiert. Vorgesehen ist ein kleiner Festakt in Weißenhorn und ein Gottesdienst.
Mit freundlicher Genehmigung der
Neu-Ulmer Zeitung
Feuerwehren
zurück