30.09.2015

Blaulicht schützt vor Strafe nicht (Sondersignal-Fahrt-Trainer / SWP)

Der Verkehrskasper wusste es schon immer: Augen auf im Straßenverkehr! Das gilt auch für die Feuerwehr, die sich Aussetzer im Einsatz nicht erlauben kann, denn Blaulicht schützt vor Strafe nicht. Kreisbrandmeister Jürgen Karl: "Man meint immer, wenn man Trari-Trara hat, ist man außen vor, aber das stimmt nicht." Wenn das Martinshorn erschallt, steht der Maschinist mit einem Fuß auf dem Gaspedal und mit dem anderen halb vor Gericht. Selbst bei eiliger Hatz zum Brandherd oder Unfallort gilt die Straßenverkehrsordnung, die den Einsatzkräften zwar Sonderrechte einräumt, aber keinesfalls vogelwilde Manöver. "Das ist kein Freifahrtschein", sagt Karl, "wenn man mit Tempo 100 über eine rote Ampel fährt und nur 50 erlaubt sind." Wer an einer Kreuzung auf dem Schlauch steht und alle Vorsicht fahren lässt, dem droht Ungemach: "Wenn da etwas passiert, prüft der Staatsanwalt sehr wohl die Ursachen." Deshalb wird in der Theorie geübt, was in der Praxis nicht schiefgehen darf. Dafür tingelt Ausbilder Reiner Greif mit einem Fahrsimulator von Feuerwache zu Feuerwache. Derzeit unterweist er wieder Teilnehmer in Neu-Ulm im Rahmen eines Projekts des Bayerischen Innenministeriums und der Bayerischen Versicherungskammer, die dem Landesfeuerwehrverband das virtuelle Training seit vier Jahren gratis anbieten, "um die Häufigkeit von Verkehrsunfällen zu verringern". Und so klemmte sich gleich mal eine Feuerwehrfrau hinters Steuer des "Sondersignal-Fahrt-Trainers", nahm wohlgemeinte Kollegen-Hinweise ("Der Motor ist noch aus") entgegen und begab sich in den virtuellen Einsatz mit dem Szenario: "Ein Fahrzeug an einem Baum - eine Person eingeklemmt." Abgesehen von einem kleineren Flur- und Blechschaden kam Jennifer Kneissl aus Altenstadt unbeschadet am Einsatzort an. Nicht, dass maskuline Wagenlenker besser abgeschnitten hätten, der Steuermann nach ihr ging seinerseits auf Schlingerkurs und musste feststellen, dass Simulationen, so nah sie der Realität kommen, gewöhnungsbedürftig sind. Gewisse Schlangenlinien verbietet übrigens schon Paragraf 35 StVO, der Maschinisten im Einsatz zwar von Vorfahrtsvorschriften befreit, nicht aber von der 0,5 Promille-Grenze. Andere Limits gibt die Natur vor, worauf das Merkblatt für "Fahrer von Einsatzfahrzeugen" ausdrücklich hinweist: "Außerdem werden die Sonderrechte durch die Fahrphysik begrenzt." Es grüßt der Elch-Test. Text: Bernd Rindle
Mit freundlicher Genehmigung der
Südwest-Presse
Feuerwehren
Landkreis Neu-Ulm
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