12.06.2013

"Was will man machen: Abgesoffen ist abgesoffen"

Kreis Neu-Ulm:Überschwemmung im Osterbachtal: Der Scheitel der Welle ging nachts um 1 Uhr über Wallenhausen hinweg. Sie hatte schon Ingstetten und Schießen überflutet und rollte weiter durchs Tal. Die Anstrengungen der Nacht zum Dienstag haben bei Albert Harder, Peter Eigner und den anderen Feuerwehrleuten in Wallenhausen tiefe Spuren im Gesicht hinterlassen. Um 16 Uhr am Montag war es losgegangen: Der Osterbach, der sich vor dem Weißenhorner Teilort teilt und mitten im Ort wieder zusammenfließt, war nach dem Dauerregen des Nachmittags über die Ufer getreten und hatte zunächst den Pferdehof am südlichen Ortsende unter Wasser gesetzt. "Danach ging es Schlag auf Schlag", berichtet der stellvertretende Ortskommandant Eigner. Die Wassermassen, die bereits Schießen und Ingstetten am Oberlauf heimgesucht hatten, überfluteten auch in dem kleinen Dorf im östliche Landkreis Straßen, drängten in Keller und schoben sich Stunde um Stunde höher zu den Haustüren. Gestern Vormittag gegen Zehn hatten die Helfer erstmals Zeit, sich etwas auszuruhen. Am Feuerwehrgerätehaus sitzen sie mit dem Kommandanten Albert Harder zusammen, besprechen die Ereignisse der Nacht. Ums Eck, beim Zusammenfluss der beiden Osterbachläufe mitten im Dorf, spritzt ein Feuerwehrmann den Schlamm vom Gehweg. "Wo er jetzt steht, war heute Nacht alles unter Wasser", sagt Eigner. Weiter unten fließt die braune Brühe des Osterbachs immer noch mehrere Meter breit und mit enormer Geschwindigkeit durchs Dorf. "Da hatten wir heute nach am meisten zu tun." Nicht alle Häuser haben dort Keller. Aber das Wasser kam so hoch, dass die Einsatzkräfte alle Mühe hatten zu verhindern, dass sich die Fluten in die Wohnzimmer ergießen. "Aber wir habens geschafft." 1000 Sandsäcke - jeder wiegt 25 Kilogramm - schleppten die Leute und sicherten damit die Hauseingänge. Insgesamt waren im Sendener Bauhof rund 4500 Sandsäcke in drei Schichten für den Landkreis Neu-Ulm und nochmals 2000 Sandsäcke für den Landkreis Günzburg befüllt worden. Eingesetzt waren pro Schicht rund 15 Mann, berichtet der Sendener Feuerwehrkommandant Peter Walter. "Die Leute von dem Haus da drüben, sind gerade im Urlaub", sagt Eigner. Zusammen mit Harder stapft er mit Gummistiefeln durch die Schlammbrühe an einer Wendeplatte im Altdorf von Wallenhausen. Prüfen, ob sie nicht unterspült ist. Das Wasser reicht am Vormittag nach der Überschwemmung immer noch in den Vorgarten. Die Brücke an der Zufahrtstraße zum Haus war ebenfalls überflutet und musste gesichert werden. "An anderer Stelle haben wir ein Motorrad hochgehievt - und immer wieder Keller ausgepumpt." Insgesamt waren an die 300 Feuerwehrleute von Montagnachmittag bis in die gestrigen Morgenstunden im Osterbachtal im Einsatz, berichtet Kreisbrandrat Bernhard Schmidt. "Der sonst kleine Osterbach war wegen des starken Dauerregens über die Ufer getreten." Er konnte die Wassermengen, die von den Entwässerungsgräben der Äcker und Wiesen strömten, nicht mehr fassen. Stellenweise stand das Wasser einen halben Meter hoch. "Im Zentrum in Krumbach kamen an dem Tag 80 Liter pro Quadratmeter herunter." Zum Vergleich: Gestern fielen in Ulm 14 Liter. Die Ausläufer der Krumbacher Gewitterfront erreichten mit 60 bis 70 Litern pro Quadratmeter das Osterbachtal - zuletzt Biberberg und Balmertshofen. Vor Biberberg wurde ein Damm aufgeschüttet, damit das Wasser in einen See ablaufen kann. "So wurde verhindert, dass das Dorf ganz überflutet wurde", berichtet Schmidt. Auch in Balmertshofen waren Hochwasserpumpen im Einsatz, damit die überfluteten Brücken nicht mitgerissen werden. "Um Eins in der Nacht war der Scheitelpunkt, ab Zwei flaute die Welle langsam ab", erzählt Harder. Die Wiesen im Tal stehen immer noch unter Wasser. Höher hätte es nicht kommen dürfen. "Noch ein paar Zentimeter und wir hätten den Wassereinbruch in die Häuser nicht mehr verhindern können." Ein Hausbesitzer fährt mit einem Kombi vor - mit Hilfe von Freunden will er seinen inzwischen ausgepumpten Keller ausräumen. Heizung, Stromkasten, persönliche Gegenstände, alles kaputt. "Im Jahr 2007 haben wir das Häuschen gekauft und dann nach und nach gerichtet." Jetzt sollte eigentlich die Außenfassade drankommen. Doch nun heißt es: Keller ausräumen. Der Mann ist übernächtigt, wirkt gefasst nach den Aufregungen der Nacht. "Was will man machen: Abgesoffen ist abgesoffen."
Mit freundlicher Genehmigung der
Südwest-Presse
Feuerwehren
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