17.11.2011

Tiefgreifende Reform im Alarmplan

Region. Die Integrierte Leitstelle in Krumbach hat ihre Arbeit aufgenommen und alarmiert Rettungsdienste und Feuerwehren von Neu-Ulm bis Memmingen - auf neuen Wegen, aber mit einheitlicher Notrufnummer 112. "Auf der A 8 bei Burgau hatten wir gerade einen Unfall. Pkw gegen Lkw, die Sache ist schon am Abflauen", sagt Achim Senser und zeigt auf die Karte auf einem seiner fünf Bildschirme. Daneben sind - gelb unterlegt - weitere Einsätze im Raum Günzburg, Neu-Ulm, Unterallgäu und Memmingen aufgeführt. Einsätze der Bereitschaft Weißenhorn, der Feuerwehr Günzburg und anderer Rettungsdienste und Feuerwehren. Darunter sind die geplanten Einsätze. "Die Feuerwehr Weißenhorn zum Beispiel hat eine Funkübung vor sich. . ." Weiter kommt Senser nicht, auf seinem Display leuchtet ein rotes Kästchen auf. Eine Meldung kommt rein. "Ja bitte, sie sind mit der Integrierten Leitstelle Donau-Iller verbunden. . ." Achim Senser, im Ehrenamt stellvertretender Feuerwehrkommandant in Günzburg, ist einer der vier diensthabenden Disponenten am gestrigen Vormittag. Er wendet sich wieder seinem Arbeitsplatz in der neu eingerichteten Integrierten Leitstelle (ILS) in Krumbach zu. Das Licht in dem Raum ist gedämpft, ebenso die Stimmen von Senser und seinen Kollegen, die mit Menschen sprechen, die die Notrufnummer 112 gewählt haben. Die Disponenten koordinieren die Alarmierung aller Rettungsdienste und Feuerwehren im westlichen Bayerisch Schwaben - und wirken auch in den angrenzenden württembergischen Raum hinein. Chef der Leitstelle ist Karl Heinz Lentz. Diese wird im Auftrag der Kommunen und des Freistaats vom Bayerischen Roten Kreuz betrieben. "Wir haben in Krumbach seit 1975 eine Leitstelle für den Rettungsdienst", erzählt Lentz, der auf Anfrage der SÜDWEST PRESSE durch das Haus führt und im Keller die Tür zum technischen Herz des Hauses öffnet. Alles riecht noch neu. Leise summen die Kühler der Server, Telekommunikationsgeräte und anderen Elektronik. "Im Sommer 2010 war die EDV aufgebaut, die Firma Eurofunk Kappach hatte nach einer Ausschreibung den Zuschlag erhalten." Einige Nebenräume sind belegt mit Notstromanlagen - Batterien, ein Dieselgenerator, ein Kabel nach außen, um im Hof einen Stromerzeuger anschließen zu können. Die vergangenen drei Jahre hat Horst Schömer zusammen mit dem Feuerwehrmann Hans-Peter Schneider dafür gesorgt, dass die ILS Donau-Iller vor einer Woche den Betrieb aufnehmen konnte. Im Erdgeschoss haben sie tausende von Einsatzdaten in Eldis III, Bayern, eingegeben. Mehrfach hatte der Start verschoben werden müssen: Viele Daten über Dienststellen, Fahrzeuge, Geräte, Ausbildungsstandards und hunderte mögliche Einsatzorte wie Krankenhäuser oder Betriebe mit Brandmeldeanlagen waren in kurzer Zeit zu bewältigen. Erst spät habe sich auch gezeigt, dass die Autobahnen im Zuständigkeitsgebiet nicht nach dem geplanten Schema betreut werden können. "Das hat zwar für Verdruss gesorgt, liegt aber daran, dass es sich um ein sehr komplexes System handelt, das mit sehr viel Sorgfalt aufgebaut werden muss", erklärt Schömer. Schließlich gehe es um Menschenleben. Und es gehe nicht einfach darum, die Notrufnummer zu ändern: "Die Alarmierung der Feuerwehr hat sich mit der ILS grundlegend geändert", ergänzt Lentz. Früher wurden diese gemäß dem Einsatzort alarmiert. "Auch jetzt wird die Ortsfeuerwehr auf den Plan gerufen", sagt der Leitstellen-Leiter. Doch bereits der Disponent entscheide, welche Einsatzmittel benötigt werden, zum Beispiel Rettungsspreizer bei einem Unfall, oder eine Drehleiter bei einem größeren Brand oder die Zahl der an Pressluft-Atemgeräten ausgebildeten Feuerwehrleute. "Das System sucht dann die nächstgelegenen Feuerwehren, die die benötigten Geräte und Leute gerade zur Verfügung haben. Wenn nötig, wird auch gleich der Rettungsdienst samt Notarzt in Gang gesetzt. Zudem hat der Disponent alle Kontaktdaten von Spezialisten zur Verfügung, die hinzugerufen werden müssen. "So ist bei Bahnunfällen zu beachten, dass die Oberleitungen und die Gleise stillgelegt werden, damit die Rettungskräfte nicht auch noch gefährdet werden", erläutert Lentz. All diese Telefonnummern hat der Disponent ebenfalls im System hinterlegt. "Allein die Feuerwehr hat mehr als 400 Schlagwörter, mit denen Art und Umfang der Einsätze kategorisiert werden." Daraus ergeben sich weitere, zahllose Verzweigungen und Möglichkeiten, den Einsatz von Anfang an möglichst genau auf die Anforderungen abzustimmen. Und auf das Ziel, dass an jedem Ort entlang einer Straße innerhalb von zwölf Minuten Feuerwehr und Rettungsdienst Hilfe leisten.
Mit freundlicher Genehmigung der
Südwest-Presse
Feuerwehren
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