25.07.2006

Waldbrandgefahr: Feuermelder heben ab

Waldbrandgefahr: Feuermelder heben ab Wegen der Sommerhitze überwachen Fachleute die Region aus der Luft - Die NUZ begleitete sie und erlebte einen Ernstfall Von Daniel Wirsching Steigen und Sinken. Das ist das Prinzip. Steigt die Sonne im Laufe des Tages am Himmel, steigt die Waldbrandgefahr. Pilot Robert Deufel aus Illertissen steigt dann in seinen Motorflieger ein und in 3000 Fuß Höhe auf. Dort halten er und Luftbeobachter Josef Schmid nach Rauchsäulen Ausschau. Wegen der herrschenden extremen Trockenheit gilt im Landkreis Neu-Ulm die höchste Warnstufe: Akutes Feuerrisiko. Das sinkt abends mit dem Sonnenuntergang. Steigen. Der Start zum ersten von zwei Beobachtungsflügen an diesem heißen Julitag - das Thermometer ist mittlerweile auf 36 Grad Celsius gestiegen - ist für 13.30 Uhr geplant. Um 13.10 Uhr steigt Robert Deufel (58) von seinem Fahrrad, das er am Flieger-Heim des Flughafens abstellt. Illertissen ist einer von insgesamt vier schwäbischen Stützpunkten der Luftrettungsstaffel Bayern. Robert Deufels Gesicht wirkt aschfahl. Eine dicke Schicht Sonnenmilch lässt es so weiß aussehen. In dem viersitzigen Motorflugzeug des Herstellers Robin, Typ DR-400/180 R, mit seinem Rundum-Glassonnendach werde es höllisch heiß, sagt er. Sinken. "Der Motor ist meine Lebensversicherung. Wenn sich der Propeller nicht mehr dreht, wird's ganz heiß", scherzt Stützpunktleiter Robert Deufel, während er Öl in den Flugzeugmotor füllt. Der Ingenieur im Vorruhestand ist seit 35 Jahren Pilot. 2500 Flugstunden bei 3000 Starts hat er hinter sich gebracht. Er ist immer heil heruntergekommen. Steigen. Deufel, jetzt mit weißer Leinenmütze und Kopfhörer auf dem Kopf, hat auf dem Pilotensitz Platz genommen. Er schließt das Glasdach und überprüft sämtliche Bordinstrumente. "Öldruck okay, Öltemperatur", er stockt kurz, "dauert noch ein bisschen." Der Motor röhrt, laut wie zehn Rasenmäher. Für Josef Schmid (45) - Augsburger Regierungsbeamter und einer unter 21 ausgebildeten Luftbeobachtern in Bayerisch-Schwaben - ist es der erste Einsatz bei realen Bedingungen. Der muskulöse Ex-Berufsfeuerwehrmann studiert die Landkarte auf seinem Schoß. "Wir wissen nicht, was gleich passiert", sagt Deufel. Danach holpert das Flugzeug über das ausgedörrte Gras der Startbahn. Eine grüne Lampe im Cockpit leuchtet auf: "Klappen aus". Deufel gibt Gas, zieht den Steuerknüppel weit zu sich nach hinten. 13.45 Uhr; der Start. Seit vergangenem Donnerstag hat die Regierung von Schwaben die Luftbeobachtung der Wälder auf den gesamten Regierungsbezirk ausgedehnt. Die Kosten für die Präventivmaßnahme - in Illertissen sind im September 2003 bei elf Flugtagen 3400 Euro angefallen - übernimmt der Freistaat Bayern; die Piloten arbeiten ehrenamtlich, jede Flugstunde schlägt mit rund 180 Euro für Sprit und Wartung zu Buche. Steigen und Sinken. Schon von fern entdeckt Josef Schmid dünne Rauchschwaden, die südlich von Kellmünz in den klaren Himmel aufsteigen. Nur eine Minute später, um 14 Uhr, verlässt die Propellermaschine ihre Flughöhe von 3000 Fuß - das sind 1000 Meter über dem Meeresspiegel - und sinkt etwas ab. Auf einer Straße fahren zwei Feuerwehrautos, von hier oben klein wie Spielzeugwägen, zu einem brennenden Bauernhof in Pless. Deufel fliegt in einer Schleife darüber. Feuerwehrmänner löschen, legen Schläuche, Menschen rennen hin und her. Luftbeobachter Schmid muss in diesem Fall keinen Funkkontakt zur Feuerwehrleitstelle Neu-Ulm herstellen. Die Flammen scheinen unter Kontrolle. Wäre der Brand noch nicht gemeldet, wäre das seine erste Aufgabe. Danach würde er die Feuerwehrleute zum Brandherd lotsen und sie warnen, wenn sie von den Flammen eingeschlossen zu werden drohten. "Selbstentzündung ist eine nicht zu unterschätzende Gefahr. Es kann im Waldboden tage- und wochenlang vor sich hin kokeln. Ein Lüftchen genügt und es entzündet sich", schreit er. Im Motorlärm gehen seine Worte beinahe unter. An seinen Lippenbewegungen wird deutlich, dass er weiter redet. Es riecht nach Flugzeugbenzin. Steigen. Weiterflug über Babenhausen und Memmingen nach Norden. Eine grauweiße Wolke steigt aus einem Waldstück bei Thannhausen empor. Die umliegenden Felder und Wiesen sind überwiegend ockerfarben, kaum mehr saftig grün. Eine weggeworfene Zigarette oder eine Glasscheibe, die die Sonnenstrahlen wie eine Linse bündeln kann, reichen aus, um sie in Brand zu setzen. Das Cockpit mit geschätzten 50 Grad Celsius Innentemperatur gleicht einer solchen Glasscheibe. Akute Sonnenbrandgefahr. Sinken. Sinkt die Sonne im Laufe des Nachmittags, geht sie abends allmählich unter, sinkt auch die Waldbrandgefahr. Pilot Robert Deufel und Luftbeobachter Josef Schmid leiten dann die Landung ein. "Endteil. Auf die 2/5", funkt Deufel an seinen Flugleiter am Boden und schon setzt der Motorflieger auf Landebahn 2/5 des Illertisser Flughafens in westlicher Richtung auf. "Keine besonderen Vorkommnisse" werden Deufel und Schmid nach dem zweiten Rundflug gegen 17 Uhr in ihren Beobachtungsbericht unter "Bemerkungen zum Einsatzverlauf" eintragen. Die Rauchwolke bei Thannhausen hat sich schnell als Staubwolke entpuppt. Ein Auto wirbelte sie auf, als es einen Kiesweg entlang fuhr. Der Brand in der Plesser Bauernhofscheune war bereits gemeldet, Feuerwehr vor Ort. Laut Polizeibericht sind 180 Tonnen Heu zu Asche zerfallen. Vermutlich durch Selbstentzündung von Strohballen.
Mit freundlicher Genehmigung der
Neu-Ulmer Zeitung
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