26.02.2011

Unterelchingen: Die Feuerwehr prägt

Veteran Josef Maier erzählt über Kameradschaft und Frauen in Uniform Ein halbes Jahrhundert Dienst in der Feuerwehr – das prägt. „Ich möchte keine Stunde missen“, sagt der frühere Unterelchinger Kommandant Josef Maier. Auch wenn manche Einsätze an die Substanz gingen. BARBARA HINZPETER Unterelchingen. Was sind das für Menschen, die in ihrer Freizeit üben, üben und nochmals üben, um für den Ernstfall gerüstet zu sein? Was sind das für Männer und Frauen, die bei Bränden, Unfällen und anderen Katastrophen mit schrecklichen Anblicken konfron-tiert werden und andererseits aus-gelassen miteinander feiern kön-nen? Alles ganz normale Bürger, die anderen helfen wollen, meint Josef Maier. Allerdings: Die Feuerwehr prägt. Sie macht die „normalen Bürger“ zu besonderen Menschen und schweißt die Gruppe zusammen. Davon ist Josef Maier überzeugt – und er ist selbst das beste Beispiel dafür, dass die These stimmt. Nach 51 Jahren, in denen er bei der Unterelchinger Feuerwehr fast immer „irgendwie und irgendwo“ auf verantwortlichem Posten war, ist er vor kurzem in der Jahreshauptversammlung aus dem Vorstand verabschiedet worden. Im Januar 1960 hatte er sich als 18-Jähriger zur Freiwilligen Feuer-wehr gemeldet. „Das war ein ganz simpler Vorgang.“ Fast eine Selbstverständlichkeit für die Söhne von Landwirten. Denn erstens war auf den Höfen die Brandgefahr besonders groß und zweitens wurden ihre Schlepper gebraucht. „Wir haben damit das Löschgerät noch selbst gezogen“, erinnert sich Maier. Untergebracht war es damals im Spritzenhaus beim Gasthaus Zahn. Maier machte schnell „Karriere“ bei den Brandbekämpfern: Von 1964 bis 1983 war er zweiter, von 1984 bis 2002 erster Kommandant. In seine ersten Dienstjahre fällt der Umzug der Feuerwehr ins alte Rathaus. Mittlerweile stehen dort und im Depot in der alten Post drei Fahrzeuge und der Verkehrssicherungs-Anhänger des Landkreises. Wenn Außenstehende die Ausrüstung spöttisch als „Spielzeuge“ der Feuerwehrmänner und womöglich als überflüssig bezeichnen, wird Maier ziemlich ungemütlich. Schließlich diene das Gerät dazu, Menschen zu retten und vor Schäden zu bewahren. Er setze sich mit jedem auseinander, der über Feuerwehrleute herzieht. „Sie sind es doch, die ausrücken, wenn alle anderen feiern – zum Beispiel an Weihnachten oder an Silvester.“ Der frühere Kommandant betont, wie wichtig es ist, nach schweren Einsätzen noch beieinanderzusitzen, gemeinsam und gegebenenfalls mit dem Notfallseelsorger die Eindrücke zu verarbeiten. Die Ehefrau oder der Ehemann daheim seien dafür nicht die richtigen Ansprechpartner. „Die Kameradschaft ist das A und O. Wenn die stimmt, passt alles andere auch“, erklärt der 68-Jährige. Denn beim Einsatz muss sich jeder auf jeden verlassen können. „Wenn einer bei der Blaskapelle falsch spielt, geht davon die Welt nicht unter“, sagt Maier, der 35 Jahre lang im KSV-Orchester aktiv war. Ein Fehler beim Feuerwehr-Einsatz hingegen kann fatale Folgen haben. Soziale Unterschiede zählen nicht bei den Männern und Frauen in Uniform. Und als viele im Landkreis noch skeptisch waren, hat die Unterelchinger Wehr bereits weibliche Mitglieder aufgenommen. Maier setzte sich stets dafür ein, auch Unterelchinger mit ausländischen Wurzeln zu gewinnen. Er war Mitbegründer der Jugend feuerwehr und freut sich, dass künftig schon Kinder ab sechs Jahren an die Gruppe herangeführt werden. Die Wehr brauche dringend Nachwuchs. Zwar blieb die Zahl der aktiven Mitglieder in fünf Jahrzehnten weitgehend konstant. Aber während früher viele von Beruf Landwirt und damit stets im Dorf und einsatzbereit waren, arbeiten heute nur noch wenige im Ort. Zugleich haben sich die Aufgaben verändert und verlangen ein hohes Maß an Können und ständiger Lernbereitschaft: Früher brannten Naturstoffe wie Holz und Heu, heute werden fast immer Kunststoffe in Mitleidenschaft gezogen. Auch in Schulen und Kindergärten. Um die Kleinen für die Gefahren und den Brandschutz zu sensibilisieren, führte Maier Übungen in diesen Einrichtungen ein – nicht zuletzt, um den Kindern die Angst vor den Männern mit ihren Atemschutzmasken zu nehmen. Das Unterelchinger Beispiel ist mittlerweile vielerorts nachgeahmt und selbstverständlich geworden. Maier hofft, dass es das auch künftig im eigenen Ort bleibt. Die Feuerwehr habe jedenfalls großes Interesse daran. Was Josef Maier bisweilen besonders viel Kraft kostete, war sein Kampf gegen die Bürokratie – insbesondere wenn es darum ging, über die Landesgrenze hinweg sinnvoll zusammenzuarbeiten – und Drehleiter oder Gefahrgutwagen aus dem benachbarten Langenau nutzen zu können anstatt auf Geräte zum Beispiel aus Weißenhorn zu warten. Das Gesetz bestimmt, dass Maiers aktiver Dienst mit 60 Jahren endete. Das mutet seltsam an in einer Zeit, da die Rente mit 67 angepeilt wird, bestätigt Maier. Er hielt rechtzeitig nach einem geeigneten Nachfolger Ausschau und fand ihn auch in Marcus Herrmann. Anfangs war es für ihn etwas schwierig zu erleben, wie die Feuerwehr ohne ihn ausrückte. „Nachts aber war ich froh, dass ich im Bett bleiben konnte.“ Von seinem umfassenden Wissen profitierte die Feuerwehr weiterhin im Vereinsvorstand. Das Amt legte er jetzt nieder. „Da sollen Jüngere ran.“ Der 68-Jährige genießt den Ruhestand mit seiner Frau, die seinen Einsatz stets unterstützt habe. „Sonst hätte das nicht funktioniert.“ Jetzt löst er sein Versprechen ein und geht dreimal im Jahr mit ihr in Urlaub – meist in ein Ferienheim der Feuerwehr. „Da fühlen wir uns einfach wohl.“
Mit freundlicher Genehmigung der
Südwest-Presse
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