23.06.2010

Nersingen/Pfuhl: Schulbus in Flammen

Das Feuer entsteht im Motorraum – Kripo hat Ermittlungen aufgenommen Ein Bus aus Ichenhausen ist gestern Früh auf dem Weg ins Schulzentrum Pfuhl in Brand geraten. Sieben Schüler kamen mit Verdacht auf Rauchvergiftung ins Krankenhaus. Der Schaden geht in die Zehntausende. CLAUDIA REICHERTER MIRANDA TIEPERMANN Nersingen/Pfuhl. Um 6.54 Uhr steigt Manuel Wagner an der Haltestelle „Friedhofstraße“ in Nersingen in den Bus. Der Realschüler setzt sich in die vorletzte Reihe, direkt über dem Motor. Über Leibi und den Nersinger Kreisel fährt der Schulbus vollbesetzt in Richtung Pfuhler Schulzentrum. Alles normal, wie an jedem Schultag. Bald aber riecht es komisch, erinnert sich der 17-Jährige. Rauch dringt ins Innere des hinteren Teils des Busses. „Wir haben sofort zum Busfahrer vorgeschrien.“ Jener stoppt den Schulbus kurz darauf an der Einmündung eines Feldwegs. Im Motorraum brennt es. Alle 58 Kinder und zwei weitere Fahrgäste stürmen nach draußen. „Da war schon Panik. Alle haben gedrückt“, erinnert sich Manuel Wagner. Der Busfahrer fordert alle auf, sich vom Bus zu entfernen und den Feldweg ein Stück weiter zu gehen. Gut so: Wenige Minuten später platzt der Treibstofftank auf, und der Bus habe zu brennen angefangen, berichtet der Zehntklässler. „Da standen wir alle unter Schock.“ Manche sagen, „nicht schon wieder“. Denn erst vor acht Tagen ist ein Bus desselben Unternehmens während einer Klassenfahrt im Allgäu in Flammen aufgegangen. Beide Male reagierten die Busfahrer geistesgegenwärtig, die Fahrgäste kamen glimpflich davon. Um 7.09 Uhr geht der Alarm bei Rainer Daumann von der Neu-Ulmer Feuerwehr ein. Schnell ist er mit 22 Mann und fünf Einsatzfahrzeugen an der Unglücksstelle auf der B 10. Der brennende Bus steht an einer Ampel kurz vor der Nersinger Auffahrt auf die A 7. Als die Retter eintreffen, sind der 58-jährige Busfahrer, die Kinder – vorwiegend zwischen 11 und 19 Jahren – und die anderen Fahrgäste schon außerhalb des Fahrzeugs. Sie stehen in einiger Entfernung vom Geschehen. „Es bestand keinerlei Gefährdung“, berichtet der Feuerwehrmann. Auch die Polizei geht zunächst davon aus, dass es bei dem Busbrand keine Verletzten gab. Gegen Mittag jedoch teilt Alexander Resch vom Polizeipräsidium Schwaben-Südwest in Kempten mit: Einige Schüler klagten über Kratzen im Hals. Sieben von ihnen werden vorsichtshalber in der Kinderklinik behandelt. Wegen des Verdachts auf Rauchgasvergiftung. „Der Motor brannte, und es gab eine starke Rauchentwicklung“, bestätigt Rainer Daumann von der Feuerwehr. „Aber das ist nicht wie in einem amerikanischen Film, wo der Bus explodiert und in die Luft fliegt.“ Nach etwa fünf Minuten ist der Brand gelöscht. Das Fahrzeug ist fahruntüchtig und wird später abgeschleppt. „Zu einer Verwahrstelle“, teilt die Polizei mit. Dort soll er von einem Sachverständigen untersucht werden, um herauszufinden, was den Brand auslöste. Den Schaden am Bus schätzt die Polizei auf mehrere zehntausend Euro. Die Schüler werden zum Teil von Eltern abgeholt und ins Schulzentrum gebracht. Andere fahren mit einem Ersatzbus, den das Busunternehmen schickt, zum Unterricht, der nach Angaben des Leiters der Inge-Aicher-Scholl-Realschule ansonsten ungestört verläuft. „Drei Schüler haben sich geweigert, in den Ersatzbus zu steigen“, berichtet Alexander Resch vom Polizeipräsidium. Die brachte dann die Polizei zur Schule. Gesprächsbedürftigten Schülern stellt Realschulleiter Hans Herbasch an diesem Tag die Schulpsychologin zur Seite. Nach Rücksprache mit dem Busunternehmer ist er überzeugt, dass die Busse der betreffenden Firma „kürzlich gewartet wurden und als technisch völlig in Ordnung gelten“. „Ich kann kein schuldhaftes Handeln oder Unterlassen seitens des Omnibusunternehmens erkennen“, sagt auch der Leiter des Fachbereichs Schule, Kindergarten, Sport und Kultur im Landratsamt, Wolfgang Opitz. Das ergaben Erkundigungen, die er beim Firmeninhaber, dem Landratsamt Günzburg und der Regierung von Schwaben einzog. Vielmehr handle es sich wohl um „eine Abfolge zweier unglücklicher Zufälle“, die zu den beiden Bränden innnerhalb so kurzer Zeit führte. Laut Polizei waren es zwar Busse desselben Unternehmens, aber verschiedener Hersteller. Der Vorfall hat für das Busunternehmen voraussichtlich noch ein längeres Nachspiel: Die Kemptener Polizei ermittelt im Fall des Busbrands am 14. Juni bei Niedersonthofen wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung. Die Neu-Ulmer Kripo hat gestern ebenfalls Ermittlungen aufgenommen. Manuel Wagner geht zu Fuß nach Hause zurück. Es ist ja doch kein Schultag wie jeder andere, sagt er sich. Wie viele andere denkt er an den Bus mit Pfuhler Siebtklässlern, der bei der Fahrt ins Schullandheim ausgebrannt war. Der Bruder seines Kumpels war dabei. Schon beim Einsteigen habe es „ungewöhnlich nach Benzin oder Diesel gestunken“, fällt ihm jetzt, im Nachhinein, ein. Zuhause angekommen, ist er „einfach nur froh, dass ich es gut überstanden hab und keiner verletzt wurde“.
Mit freundlicher Genehmigung der
Südwest-Presse
Feuerwehren
Neu-Ulm Ständige Wache
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